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Zirkuswelt ist eine Zauberwelt… – wenn sie Roncalli heißt!

Wo kann man sich verzaubern lassen, wo sich fortzaubern lassen in eine ganz andere Welt? Vielleicht in ein anderes Universum oder eine Parallelwelt… Das ist wohl das größte Kunststück, das der Zirkus Roncalli vollbringen kann. Die Artisten sind atemberaubend gut, perfekt in ihren Disziplinen, das ist das Eine, worauf man sich bei diesem Zirkus verlassen kann. Das andere ist das perfekte In-Szene-Setzen, eine ausgetüftelte Lichtregie, ein schneller Wechsel von Attraktion zu Attraktion, der einen das Luftholen vergessen lässt. Und das dritte ist eine gnadenlose Romantik, eine so bezaubernde Atmosphäre in der Manege, die einen zum Träumen verführt. Perfektion hoch drei, das ist der Zirkus Roncalli!

Hier sind die Clowns wirklich witzig, und die Akrobaten echte Künstler. Sei es, dass sie mit Geschick jonglieren können oder etwas balancieren, ob sie sich gegenseitig hochstemmen können, was für die KünstlerInnen ein Leichtes zu sein scheint, oder sei es, dass mit Seifenblasen gespielt wird, die das Publikum in eine seltsam entrückte Welt verführen, es ist alles höchste Zirkuskunst.

Am meisten liebte ich, wenn mit Musik und Lichtspielerei die Artisten geschickt in Szene gesetzt wurden. Wie schön war die einzige Pferde- (und Hunde-)Nummer, weil die wunderschöne Frau mit den langen Haaren ein weites Kleid trug, das mächenprinzessinnenhaft den Pferdekörper verdeckte (abgesehen von der hohen Kunst der Dressur)? Wie schön war das Paar am Seil, das sich hoch hoch hoch oben ineinader verknotete und doch gleichzeitig so romantisch daherkam, wie es nur in der Zirkuswelt möglich ist? Ein Meister auf dem Rhönrad, wenn er zugleich ein Meister des komischen Faches ist – so etwas sieht man nicht alle Tage.

Es war ein zauberhafter Nachmittag, und eines ist sicher: Wenn Roncalli wieder in meine Stadt kommt, komme ich wieder zu Roncalli!

In meiner Kindheit liebte ich die Bücher von Enid Blyton, und ganz besonders die ‚Abenteuer’-Reihe hatte es mir angetan. ‚Die 5-Freunde’-Reihe habe ich auch verschlungen, mochte sie aber nicht ganz so gern.
‚Hanni und Nanni’ mochte ich auch gern, ebenso ‚Dolli’. Aber das ist vielleicht nochmal ein ganz anderer Schuh, diese Internatsgeschichten.

Zurück zur ‚Burg der Abenteuer’. Grund meiner Lektüre war zum einen, dass die Bücher überarbeitet und neu übersetzt wurden, und zum anderen, dass ich mit der Übersetzerin bekannt bin. Und da ich neugierig bin (und außerdem eine Erkältung auskurieren musste), habe ich mich gerne über diese Lektüre hergemacht.

Nach wie vor ist es ein spannender Kinderroman, stringent erzählt und packend. Wirklich schön, um bei einem Kind Leselust zu wecken, und das macht dieses Buch nach wie vor wertvoll. Gleichzeitig ist die Geschichte spannend und phantasievoll, ich kann mir gut vorstellen, dass die Erlebniswelt in diesem Buch den Kosmos der kindlichen Phantasie beflügelt. Die neue Übersetzung lässt sich dazu auch richtig schön ‚weglesen’, so dass ich dies Buch beinahe in einem Rutsch durchlas. Und ich denke, das wird den Kindern genauso gehen. Das finde ich richtig klasse!

Andere Sachen, die Enid Blyton da verzapft hat, haben mir denn nicht so gut gefallen. Da ist zum Beispiel das Mädchen Tassie, das nicht lesen und nicht schreiben kann, ein wahres Naturkind ist und der abgerissenen Kleidung und ihrem ungepflegten Äußeren nach aus ärmlichen, wenn nicht gar sozial haltlosen Verhältnissen stammt. Ein Mädchen, das nicht lesen und schreiben kann…. nun mag Tassie ein Mädchen sein, dass die kindliche Phantasie anregt, und es ist ja auch schön, dass sie in den zwei Geschwisterpaaren und dem Papagei richtig gute Freunde findet, aber ein unbehagliches Gefühl bleibt doch zurück. Ihr sozialer Status wird nie hinterfragt. Das Buch wurde 1946 geschrieben. Mich wundert das. Für heute ist diese Figur jedenfalls nicht zeitgemäß, es sei denn, es wird soziales Elend oder Analphabetentum als solches auch thematisiert – finde ich.
Dann Bill Smuggs, der Geheimpolizist, oder wie ich ihn sonst nennen soll, und Freund dieser Kinderclique: Er lässt zu, dass im spannenden Teil der Geschichte die beiden Jungen bleiben dürfen, die Mädchen – gähn – müssen natürlich nach Hause gehen. Nur wird während der Konfrontation der Spione mit den Polizisten auch scharf geschossen. Ich finde das schon zuviel des ‚Guten’. Aber, man muss wissen, dass ich Krimis schon so indiskutabel finde wegen der Morde. Ich sehe da immer tote Menschen vor mir und kann es kaum aushalten, dass das heutzutage für ein Gros der Konsumenten zum (Fernseh- und Lese-)Alltag gehören soll. Nicht dass ich mich nicht mit Tod oder Sterben auseinandersetzen wollte, aber nicht in dieser Weise. Mich stößt das ab. Also, es kann sich durchaus um eine Überempfindlichkeit meinerseits handeln.

Wie dem auch sei: Obwohl ich mit diesen beiden Stellen (und mindestens einer weiteren, aber das ist nicht so wichtig) nicht einverstanden bin, würde ich das Buch meinem Kind zum Lesen geben, denn es ist einfach spannend erzählt und macht Lust auf mehr. Ich glaube, das ist gar nicht zu unterschätzen, wie wichtig es in einem bestimmten Alter ist, zu lesen, die Haltung eines Lesenden einzunehmen. Je öfter das passiert, glaube ich, desto mehr wird das Kind auch als Erwachsener zum Buch greifen. Da ist es denn fast egal, welches Buch da den Anfang gemacht hat. Also warum nicht dieses?

Vor ein paar Jahren habe ich ‚Fünf Freunde und das Burgverlies’ gelesen, und das hat mich ziemlich entsetzt. Auch hier mag die Geschichte spannend gewesen sein; doch in diesem Buch kommt so viel an gesellschaftlicher Reglementierung vor, die auch pädagogisch eingesetzt wird. George, die eigentlich Georgina heißt und lieber ein Junge sein möchte, verhält sich letzten Endes gesellschaftlich genauso angepasst wie Ann, die sowieso eigentlich nur ein blödes Mädchen ist (wie ich finde): Ist schon bitter: Die Mädchen helfen in der Küche, während die Jungen eher fürs Grobe zuständig sind. Klischeehafter geht es wohl nicht! Das Fehlverhalten eines anderen Jungen wird von den ‚Freunden’ nicht nur missbilligt, der Junge wird dafür mit Nicht- oder gar Verachtung gestraft, man kann schon fast sagen, gemobbt. Man könnte durchaus von einem Fehlverhalten der ach so angepassten fünf Freunde sprechen.

Es könnte sein, dass die Abenteuer-Serie sich vor allem auf das Abenteuer konzentriert, während bei den Fünf Freunden vielleicht noch viel mehr an gesellschaftlichen und politischen Aspekten hervorgehoben wird.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Enid Blyton in ihren Büchern ihre konservative und rassistische Einstellung mit einfließen ließ (mehr über ihre Biographie und ihr Werk). Das wird zwar hier in Deutschland durch Überarbeitungen etwas abgemildert, aber ganz herausfiltern lässt es sich vielfach nicht. Als Kind war mir nicht klar, dass mich Blytons Gesinnung störte. Doch bei der Lektüre als Erwachsene kann ich darüber nicht mehr hinweglesen, und als Kind mag dies immerhin ein Unbehagen in mir ausgelöst haben. Vielleicht also deshalb meine Vorliebe für die ‚Abenteuer’-Serie? Ich gehe dem nicht nach, sonst müsste ichja alle Bücher nochmal lesen, nee, nee.
Das wär’s nicht. So hat es Spaß gemacht, aber jetzt bin ich lesetechnisch schon wieder ganz woanders.

‚Die Wahrheit über Island’ heißt das Buch um Untertitel, was vielleicht etwas reißerisch ist. Einige kleine Wahrheiten, mindestens aber interessante, witzige, ausgefallene Beobachtungen werden von Wolfgang Müller – seines Zeichens Künstler, Musiker und  Autor – hier angestellt. Beispielsweise die, ob die Stare heute, die zu Kurt Schwitters Zeiten in Norwegen die ‚Ursonate’ von diesem aufschnappten, sie über Starengenerationen vererbten, dazu viel reisten und Müller in Rekjavík erneut durch ihren Gesang draußen zu Ohren kam – also, ob jene Stare eigentlich GEMA-Gebühren zu zahlen hätten (mehr darüber hier)? Oder, um eher bei Island zu bleiben, wie es sich mit der heidnischen Gemeinschaft in Island verhält, und wie sich die Christen gegen den in Island weit verbreiteten Glauben an Elfen und Trolle durchzusetzen versuchen. Oder warum der Buchstabe ‚z’ im Isländischen nicht fehlen kann, wiewohl es kein isländisches Wort mit ‚z’ gibt. Oder wie weit isländischer Trockenfisch schon reiste, um endlich verspeist zu werden. Oder welche Rolle Lakritz und Schokolade – und zwar gleichzeitig genossen – für die Wirtschaft von Süßigkeitenherstellern spielt. Müller gibt auch Einblick in vieler seiner Kunstwerke und Aktionen, die köstlich und meist mit einer gesunden Prise Ironie und Witz gewürzt sind (wie z.B. der legendäre ‚Elfenabwurf’ in Berlin am 14. Juli 2001).
Der Island-Begeisterte hat sich auch den isländischen Namen Úlfur Hróðólfsson, den Nachnamen klassisch abgeleitet aus dem Vornamen seines Vaters, zugelegt, was bei der Beantragung eines Telefonanschlusses unter diesem Namen kein Problem für die isländische Telefongesellschaft war.

Wolfgang Müller ist jedenfalls ein beinharter Islandkenner und gibt in diesem Buch eine Menge lustiger Anekdoten und ‚Wahrheiten’ über Island preis. Mir hat das Buch viel Spaß gebracht.

Mehr über Wolfgang Müller findest Du auf seiner Homepage.