„Carmen“ – Oper von George Bizet, inszeniert von Jens-Daniel Herzog an der Hamburgischen Staatsoper

Veröffentlicht: 23. Februar 2019 in Kultur, Musik, Theater/Oper

Die Musik von „Carmen“ ist für mich gleichwohl die Erinnerung an eine frühere Zeit in meinem Leben, nämlich der, in der ich mein Abitur über den zweiten Bildungsweg nachholte und dann in Berlin studierte. In dieser Zeit muss ich die Musik sehr oft gehört haben, ich habe in meinen Beständen noch eine ganz abgenudelte Kassette mit dieser Oper, die ich damals viel gehört habe. Habe ich „Camen“ überhaupt mal in der Oper gesehen? Ich kann mich konkret nicht daran erinnern… Wie dem auch sei: Nach den letzten Opernbesuchen, die nicht ganz unanstrengend waren, wollte ich einmal wieder schwelgen – was sicherlich gelungen ist.

carmen

Impressionen aus „Carmen“ in der Inszenierung von Jens-Daniel Herzog, Bühnenbild und Kostüme: Mathis Neidhardt; Bildquelle: siehe Staatsoper Hamburg

Carmen, die Lokalschönheit unter den Arbeiterinnen der Zigarettenfabrik, ist berüchtigt dafür, dass sie die Männer anzieht – doch beherrschen lassen will sie sich von niemandem. Sie ordnet sich niemandem unter und tut, was sie will, ist launisch, aggressiv und freiheitsliebend in einer Radikalität, die sie unfassbar macht. Damit ist sie beinahe der komplette Gegenentwurf zu Don José, einem einfältigen Hitzkopf, der sich zwar an der Normalität orientiert, diese aber nicht leben kann – denn sonst hätte er sich nicht so rasend in Carmen verguckt… Beiden ist gemein, dass sie Außenseiter sind. Während Carmen sich keiner gesellschaftlichen Ordnung beugen will, gelingt es Don José einfach nicht. So musste er aus seiner Heimat, dem Baskenland, fliehen, weil er dort durch seine Hitzköpfigkeit in Konflikt mit der Polizei geraten ist. Und auch wenn er eigentlich dem Wunsch seiner Mutter folgen will und Micaela, seine Ziehschwester, heiraten will, so schafft er es nicht, sich anzupassen und verliebt sich Hals über Kopf in Carmen, die ihm haushoch überlegen ist und dazu auch viel zu sexy und kriminell veranlagt.

Carmen wurde von der wunderschönen Nadezhda Karyazina gegeben, und das ist ihr ausgezeichnet gelungen. Verführerisch-lasziv wickelt sie den etwas einfältigen Don José (Teodor Ilincai) um den Finger, nur ganz verstehe ich nicht, warum sie sich ausgerechnet für diesen Burschen (zeitweise) so erwärmt. Was habe ich verpasst wahrzunehmen? Ebenso schwierig fand ich die Darstellung von Escamillo, dem Torero (Gábor Betz), dessen Ausstrahlung meiner Meinung nicht ausreichte und dessen (wie ich fand lächerliches)  Kostüm, ein glitzernder Satin-Ganzkörperanzug mit Kapuze in Gold, extrem gestört hat.

Gesungen hingegen haben sie alle sehr überzeugend, und die Musik war an diesem Abend der absolute Höhepunkt. Eine wunderbare Oper!

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