„Medea und Jason“ – Theaterstück nach Franz Grillparzer; Regie: Jette Steckel

Veröffentlicht: 10. Juni 2019 in Kultur, Theater/Oper

Franz Grillparzer wird nicht oft auf den Bühnen gespielt, und auch hier wurde sein Stück, ich sag mal, modifiziert. Aktuell wäre es vermutlich sogar in der Originalfassung, aber einiges wurde durch die Bearbeitung noch stärker herausgearbeitet, denn an diesem Abend im Hamburger Thalia Theater geht es um solche Themen wie Fremdheit, Vertriebensein, Asyl und letztendlich um Menschenwürde.

Szene aus „Medea und Jason“ im Hamburger Thalia Theater. Bildquelle: s. hier

Medea, die einst ihrem Geliebten Jason half, ihrem Vater das goldene Vlies abzuluchsen, ist überall in Ungnade gefallen. Nach jahrelanger Odyssee hat Jason nun die Möglichkeit, Fuß zu fassen, aber unter einer Bedingung: Medea muss vor den Stadttoren bleiben, die gemeinsamen Kinder aber dürfen mit Jason einziehen, und er soll eine schöne Frau heiraten. Jason, trotz der Liebe zu Medea, ist durch die lange Irrfahrt müde geworden und vielleicht Medea auch überdrüssig. Medea steckt in einer grässlichen, menschenunwürdigen Situation, denn es wird von ihr verlangt, alles loszulassen, was ihr lieb und teuer ist, ohne dass sie dafür auch nur irgend etwas bekommt….

Das alles wird nun auf einer Bühne ausgebreitet, die außer aus einer riesigen Menge von zusammengepressten Klamottenquadern nur noch aus der Anwesenheit zweier Musiker besteht, die, ganz wie in einer klassischen griechischen Tragödie der Chor, die Geschehnisse auf der Bühne musikalisch kommentieren. Die Klamottenquader formieren sich mal zur Wand, dann zum Bett, schließlich zum Tor und lassen jede Menge Spielraum für Assoziationen. Wo kommen die Kleidungsstücke her, unter welchen Bedingungen sind sie entstanden? Wohin reisen sie, wenn sie weggeworfen wurden, und wie viele Menschen haben all diese Klamotten getragen…?

Bewegend spielen Maja Schöne und André Szymanski die beiden Titelhelden und schlüpfen in immer andere Rollen, um die Geschichte, die die sie nun vor jene Stadttore und in diese menschenunwürdige Situation getrieben hat, nachzuspielen, und geben dabei alles. Es ist hochassoziatives Vollblut-Theater, das hier stattfindet, es werden neue Zeichen gefunden, um den Konflikt, in dem die Protagonisten stecken, zu illustrieren. Ein Wahnsinn! Aber solcher, der sich anzusehen unbedingt lohnt.

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